Aufgepasst

Mein Weg zum Traumjob: Der erste Fußballkommentator im Rollstuhl

Luca Kielhauser, geboren 2003, verfolgte trotz körperlicher Einschränkung seinen Traum, Fußballkommentator zu werden. Praktika beim ORF und eine selbstständige Tätigkeit als Journalist ebneten seinen Weg. Seit Februar 2024 ist er Fußballkommentator bei Sky Sport Austria. Zusätzlich gründete er AccessHub (www.accesshub.at), eine Plattform für Hilfsmittel, um Barrierefreiheit zu fördern und Menschen mit Behinderung zu unterstützen. Sein Werdegang zeigt die Bedeutung von lösungsorientiertem Denken und Zielstrebigkeit.

Mein Name ist Luca Kielhauser, ich wurde am 8. Juli 2003 im steirischen Feldbach geboren und bin im ländlichen Laßnitzhöhe aufgewachsen. Seither hat sich bei mir extrem viel verändert: Ein Umzug in eine Kleinstadt und vor allem der in dieser Form nicht absehbare Wandel von einem körperlich stark eingeschränkten Kind, hin zum selbstbestimmten, jungen Mann mit einer nicht zu bändigenden Motivation, seine Ziele auch zu erreichen.


Ich habe bereits sehr viel Veränderung erlebt. Eine Sache zieht sich jedoch seit dem frühen Volksschulalter wie ein roter Faden durch mein Leben: die Begeisterung für den Sport und Sportveranstaltungen. Vor allem der Fußball hat es mir schon sehr früh angetan – aufgrund meiner Behinderung jedoch auf eine etwas andere Weise, als für die meisten Kinder. Was die Faszination für den Fußball ausgelöst hat? Ich habe überhaupt keine Ahnung. Jedenfalls hatte ich immer schon eine unvergleichbare Freude daran, anderen beim Kicken zuzuschauen – egal ob den Profis im Fernsehen oder einfach meinem Bruder und seinen Freunden im Garten.

Eine wegweisende Entscheidung in Kindestagen

Überraschenderweise noch gut in Erinnerung habe ich einen Gedankengang, der mich als sechsjähriges Kind beschäftigt hat. Dieser wäre: „Wenn ich schon nicht Fußballspielen kann – was kann ich später einmal im direkten Zusammenhang mit dieser Sportart beruflich machen?“ Meine Antwort lautete: „Fußballkommentator werden!“ Warum ich mir damals diese relativ konkrete Frage plötzlich selbst gestellt habe, weiß ich nicht. Möglicherweise aus dem unterbewussten Bedürfnis, einmal „etwas werden zu wollen“ und damit aus der alleinigen Wahrnehmung des außerfamiliären Umfelds „nur“ ein „Menschen mit Behinderung“ zu sein, auszubrechen. So kann ich mir zumindest den Beginn meiner Leidenschaft für den Fußball herleiten – meine Entschlossenheit, diesen beruflichen Weg unbedingt gehen zu wollen, rührt aber, seitdem ich mich erinnern kann, einzig und allein an der Faszination für diese Sportart und nicht am Gedanken, auf irgendeine Art meine Behinderung kompensieren zu wollen.

“Wie wird man Fußballkommentator?”

In meinem Werdegang gab es dann aber, ungefähr sieben Jahre später, noch einen zweiten konkreten Gedanken von mir, an den ich mich mindestens ebenso gut erinnere. Um diesen Gedankengang wieder als Frage zu formulieren: „Wie kann ich, der weit und breit keinen Sportreporter persönlich kennt, denn bitte Fußballkommentator werden?“ Die Idee, diesen Job unbedingt einmal ausüben zu wollen, hat mich also in den ganzen Jahren zuvor nie mehr losgelassen. „Ich sag amal so“, – wie es Herbert Prohaska ausdrücken würde – das Naheliegendste, um diesem Ziel zumindest ein ganz kleines Stück näher zu kommen, war es, einen eigenen YouTube-Kanal zu gründen. Das habe ich dann auch gemacht. Woche für Woche habe ich aufwändig auf meinem kleinen Smartphone Fußball-Nachrichten-Videos produziert (die es nicht mehr gibt) – und es hat sich wirklich gelohnt! Jemand aus der Medienbranche wurde darauf aufmerksam und hat das für gut befunden. Die Folge daraus waren zwei tolle Schnuppertage beim ORF Steiermark an der Seite von Florian Prates, zwei Ferialpraktika im ORF-Landesstudio Steiermark, ein Ferialpraktikum in der Sportredaktion im ORF-Zentrum in Wien sowie ehrenamtliche Engagements für online- und freie Radios.

Das eine führte zum anderen

Es war ein bisschen wie eine Fügung: Eines führte zum anderen und gab mir die Möglichkeit, mich schon während der Schulzeit enorm weiterzuentwickeln. Das berufliche Glück legte jedoch nach meiner Matura eine etwas mühsame Pause ein. Anstatt ein Vollzeitstudium zu beginnen, wollte ich unbedingt sofort in die Arbeitswelt eintauchen, doch die relativ kleine steirische Medienwelt suchte zu dem Zeitpunkt nicht gerade händeringend nach jungen Mitarbeitern – zumindest kam mir das zunächst so vor. Nachdem ich mich nach unzähligen Initiativbewerbungen bei Medienhäusern schließlich auch für Jobs außerhalb des Journalismus beworben habe und auch da einige Monate lang keine positive Rückmeldung erhielt, ist in mir ein bisschen die Ahnung gewachsen, dass man als Rollstuhlfahrer nicht gerne am ersten Arbeitsmarkt gesehen ist.

Lösungsorientiertes Denken als Motor

Mit dieser Erkenntnis im Hinterkopf entschied ich mich dazu, mich als Journalist und Moderator selbstständig zu machen. Ich würde durchaus sagen, dass dieser Plan aufgegangen ist. Bis zum heutigen Tag durfte ich zahlreiche tolle Veranstaltungen in einzigartigen Locations moderieren und Beiträge für regionale Zeitungen verfassen.

Irgendwann klopfte dann auch wieder das Glück des Tüchtigen an und verschaffte mir einen neuen Job. Nach sechs Monaten als Callcenter-Mitarbeiter für ein Taxiunternehmen in Graz bin ich auf die Ausschreibung eines Traineeships beim ORF gestoßen. Das habe ich als Chance gesehen, um wieder die richtige berufliche Richtung auf dem Weg zu meinem Berufsziel einzuschlagen. Und wieder hat sich diese Entscheidung gelohnt: Ich habe den äußerst anspruchsvollen Bewerbungsprozess überstanden und anschließend ein Jahr lang in allen medialen Bereichen (TV, Radio, Online, Social Media) für den ORF gearbeitet – sowohl in der Steiermark, als auch in Wien. Parallel dazu habe ich den berufsbegleitenden Universitätslehrgang Sportjournalismus der Paris Lodron Universität Salzburg besucht, welchen ich später, im Juni 2024, erfolgreich beendet habe. (Seither darf ich mich “Akademischer Sportjournalist” nennen 😜.) Als es im Landesstudio Steiermark nach Ablauf der Zeit keine Möglichkeit gegeben hat, mich als ausgebildeten Redakteur mit einem Anstellungsverhältnis weiterhin zu beschäftigen, habe ich schnell wieder vollen Mutes den Blick in Richtung Zukunft gerichtet. Das, was danach passiert ist, hat mir gezeigt: Alles hat auch seine guten Seiten. Denn seit 15. Februar 2024 übe ich meinen Traumjob des Fußballkommentators bei Sky Sport Austria aus.

Inklusion und Barrierefreiheit immer im Blick

Wie bei vielen Menschen, die ihre Ziele verwirklichen, spielte auch bei mir das Glück eine Rolle – vielleicht auch mehr, als es anderen Menschen mit Behinderung vergönnt ist. Menschen, die keine so unterstützende Familie haben, keinen inklusiven Freundeskreis, oder die von einem finanziell schwierigeren Ausgangspunkt gestartet sind und deshalb weniger Chancen in ihrem Umfeld vorfinden konnten. Für genau diese Menschen – und eigentlich für die gesamte Community an aktiven, selbstbestimmten Menschen mit Behinderung – wollte ich etwas Nachhaltiges schaffen. Etwas, das Barrierefreiheit individuell ermöglicht und dadurch die Welt ein Stück inklusiver macht.

In meinen Augen lässt sich logistische Barrierefreiheit auf zwei Wegen erreichen: durch bauliche Maßnahmen – oder durch passende Hilfsmittel. Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie viele innovative, smarte Lösungen es bereits gibt, von denen man oft gar nicht glauben würde, dass sie technisch überhaupt möglich sind. Das Problem: Viele dieser Hilfsmittel sind entweder nur regional bekannt oder kaum sichtbar.

Genau aus diesem Grund habe ich die Online-Plattform AccessHub (www.accesshub.at) ins Leben gerufen. AccessHub bietet Menschen mit Behinderung eine intuitive und gezielte Übersicht über vielversprechende Hilfsmittel – abgestimmt auf ihre individuellen Anforderungen und Bedürfnisse. Dabei liegt der Fokus weniger auf klassischen medizinischen Produkten, sondern vielmehr auf solchen, die den Alltag erleichtern und das persönliche Umfeld barrierefreier gestalten.

Mein Ziel ist es, den Handlungsspielraum von Betroffenen zu erweitern – für ein selbstbestimmtes, unabhängiges und aktives Leben in allen Lebensbereichen. Denn genau das ist der Schlüssel zu echter Chancengleichheit.

Die Website ist im März 2023 online gegangen – und seither kontinuierlich gewachsen. Aber wie auch bei meiner Arbeit als Fußballkommentator gilt hier: Sky is the limit! 😉

Die Moral von der Geschicht’…

Für mich ist diese Geschichte in der retrospektive dahingehend lehrreich, dass sie ganz deutlich aufzeigt: Lösungsorientiertes Denken in JEDER Situation, Zielstrebigkeit, Durchhaltevermögen, Fleiß, Dankbarkeit und stets mit dem Herzen bei der Arbeit zu sein, lässt dich nicht nur in den meisten Fällen deine Ziele erreichen, sondern macht dich glücklich und zufrieden. In allen Lebensbereichen. Ich freue mich auf das, was sich für mich noch zu auftut!