ESCIF – Jahreskongress 2015 in Brünn, Tschechische Republik
– Employment of people after spinal cord injury
(Dr. Gabriele Kirchmair und Ing. Hannes Wiesinger)
Der ESCIF-Jahreskongress 2015 und die damit verbundene Delegiertenversammlung fanden heuer vom 20. bis 22. Mai erstmals in Brünn in der Tschechischen Republik statt.
Thema des Kongresses war: Berufliche Integration nach Rückenmarksverletzung
Zur Organisation muss man sagen: Die Tschechen haben sehr gute Arbeit geleistet und alles perfekt organisiert. So wurde bereits im Vorfeld eine Umfrage unter den Teilnehmern gestartet mit dem Titel: Deine Erfahrung mit Rückkehr zur Arbeit nach der Querschnittlähmung. Die Umfrage wurde ausgewertet und alle Antworten in einer Broschüre zusammengefasst. Dazu wäre grundsätzlich zu sagen: Je weiter im Norden die Befragten leben und je besser ihre Ausbildung bereits vor dem Unfall oder der Erkrankung war, um so größer ist die Wahrscheinlichkeit wieder in den alten Beruf zurückkehren zu können oder einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Einen großen Anteil macht natürlich auch das Engagement des Einzelnen aus!
Auch die Unterkunft für so viele Teilnehmer: 72 und davon 33 Rollstuhlfahrer aus 16 Mitgliedsländern, zu finden, ist jedes Mal eine große Herausforderung. In Brno wohnten wir in einem Wellnesshotel am Rande der Stadt. Dieses Hotel ist neu, auf die „grüne Wiese“ gebaut worden und trotzdem nur bedingt barrierefrei gestaltet. Natürlich ist ein Aufzug vorhanden und man kommt ohne Stufen ins Zimmer; aber im Zimmer selbst mussten in den Bädern die Glaswände der Duschen entfernt, durch einen Duschvorhang ersetzt und dann noch ein Gartenstuhl eingestellt werden, um das Duschen auch für Rollstuhlfahrer zu ermöglichen. Wäre das Bad nur etwas größer und die Badezimmertüre nach außen aufgehend, dann wären diese Umbaumaßnahmen gar nicht erforderlich gewesen. Auch das Rollstuhl WC vor den Seminarräumen ist so winzig, dass man nur mit einem Rollstuhl (Sitzbreite 34 cm) knapp Platz hatte.
Der Kongress startete am Mittwoch Nachmittag mit den Begrüßungsansprachen der ESCIF-Präsidentin Jane Horsewell und dem Präsidenten des Tschechischen ParaCENTRUM Fenix, Vojtech Vasicek sowie den Ehrengästen. Das Einführungsreferat hielt der Präsident des Slovakischen Paralympic Commitees Jan Riapos.
Das Get-together Dinner am Abend bot dann die erste Möglichkeit des Erfahrungsaustausches unter den Kongressteilnehmern.
Donnerstag, 21. Mai – Kongresstag
Der Donnerstag war ausgefüllt mit mehreren Referaten zum Kongressthema:
Berufliche Integration nach SCI (Spinal cord injury)
So berichtete z.B Dan Burden aus England von seiner eigenen Firma die Menschen mit Behinderung wieder in die Arbeitswelt integriert. Mittlerweile hat er 50 Angestellte, 7 davon sind nur damit beschäftigt Geld (fundraising) für das Unternehmen über größtenteils Spenden zu sammeln. In England, wie auch in vielen anderen Ländern, ist das Sozialsystem bei weitem nicht so ausgebaut wie in Österreich und die nationalen Behindertenverbände müssen sich selber um ihre Finanzierung kümmern. Dan konnte anhand mehrere Beispiele zeigen, wie eine berufliche Wiedereingliederung funktionieren kann. Trotzdem ist die Arbeitslosenquote vor allem bei Menschen mit Behinderung deutlich höher als bei Nichtbehinderten.
In Spanien ist es, vor allem auch wegen der finanziellen Krise des Landes selbst, sehr schwierig als Rollstuhlfahrer einen Job zu bekommen. Darüber referierten Elisabeth Heilmeyer und Esther Perris Valle aus Madrid. Die Arbeitslosenrate liegt über 33 % im Vergleich zu 23,7 % bei Nichtbehinderten. Spanien hat auch ein kompliziertes Pensionssystem. Und wenn sich jemand nach einem Unfall für eine Pension entschieden hat, erhält er auch weitere Vergünstigungen wie gratis medizinische Versorgung. Falls er oder sie doch wieder arbeiten möchten, fallen diese Vergünstigungen aber weg, sodass die meisten sich gar nicht um Arbeit bemühen.
Prof. Marcel Post aus den Niederlanden präsentierte eine Studie über Arbeit und Behinderung die zu folgenden Ergebnissen kam: Rollstuhlfahrer mit Beschäftigung profitieren in vielerlei Hinsicht: sie sind gesünder, besser integriert, haben mehr Selbstbewusstsein… Probleme gibt es vor allem dadurch, dass eine Vollzeitbeschäftigung meistens zu körperlichen Überlastungen führt und daher eine Teilzeitbeschäftigung empfohlen wird.
Dazu ein Hinweis: Alle Referate des Kongresses können auf der Website der ESCIF nachgelesen werden; auf www.escif.org
Der Arbeitstag endete mit einer Podiumsdiskussion mit allen Referenten
Ein wesentlicher Bestandteil der Kongresse sind natürlich die Einzelgespräche mit den Kongressteilnehmern. In den Bildern oben sitzen wir links mit den Delegierten aus Finnland, der Schweiz und Slowenien und rechts aus Finnland und Spanien zusammen.
Kongress – Dinner
Am Abend wurden im Rahmen des Delegates’ Dinner von einem Winzer heimische Weine im Rahmen einer kommentierten Weinkost vorgestellt. Für die musikalische Begleitung sorgte eine Volksmusikgruppe aus Brünn.
Freitag, 24. Mai – Delegiertenversammlung
Am Freitag fand dann die Delegiertenversammlung 2015 statt. Neben dem Bericht der Präsidentin, dem Rechnungsbericht, der Genehmigung der Budgets 2015 und 2016 sowie der Wahl des neuen Vorstandsmitgliedes Tomas Moravik aus der Tschechischen Republik da Winnifred de Moes ausgeschieden ist, wurde Serbien nach einer Vorstellung durch Bojana Gladovic als neues Mitglied bei der ESCIF aufgenommen.
Anschließend folgten Zwischenberichte von den 4 Arbeitsgruppen zum derzeit laufenden ESCIF-Projekt „Successful integration of people loiving with SCI“
Kongressabschluss und Ausblick
Am Nachmittag wurde noch von den Gastgebern eine Schiffsrundfahrt auf dem nahe gelegenen Stausee organisiert, die dann auch noch einmal die Gelegenheit bot sich mit den Kolleginnen und Kollegen über den Kongress auszutauschen.
Zum Abschluss:
Und zum Schluss noch ein kleiner Ausblick, denn nach dem Kongress ist vor dem Kongress: Der ESCIF-Congress 2016 wird vom VQÖ in Wien organisiert und er wird wieder, so wie im Jahr 2009 im Kolping-Hotel in der Gumpendorferstraße stattfinden. der Termin ist bereits fixiert und zwar vom 11. bis 13. Mai 2016.